Und Kunden geben sich die Klinke in die Hand. Sie alle haben etwas gemeinsam: Ihr iPhone ist defekt, weil der Akku nicht mehr will, der Touchscreen keinen Wank mehr macht oder das Glas in die Brüche gegangen ist. Richtig traurig seien die meisten Leute, wenn sie ihren Fuss in sein Geschäft setzten, sagt der 27-jährige Tamile. Viele iPhone-Besitzer hätten ein derart emotionales Verhältnis zu ihrem Handy, dass man sie zuerst einmal trösten müsse. «Wir können alles reparieren», erklärt der junge Mann im Brustton der Überzeugung. Bis zur letzten Schraube sei stets jedes Ersatzteil im eigenen Lager vorrätig. Allerdings kann auch er nicht versprechen, dass in jedem Fall alle Daten gerettet werden können.
Jonathan Mariampillai kam 9-jährig mit seinen Eltern als Kriegsflüchtling aus Sri Lanka in die Schweiz. Er ist im Zürcher Kreis 3 aufgewachsen, kennt hier jede Ecke und fühlt sich in Wiedikon zu Hause. Mit Sri Lanka verbinden ihn Kindheitserinnerungen und zahlreiche Verwandte, die heute noch dort leben. Er telefoniere hin und wieder mit seinen Cousinen und Cousins, sagt der 27-Jährige. Sein Heimatland bereise er höchstens noch als Tourist, eine Rückkehr könne er sich nicht vorstellen. «Ich nerve mich ja schon in London, wenn der Bus nicht pünktlich kommt», hält er schmunzelnd fest. Alltäglichen Luxus, wie er ihn in Zürich erlebt, möchte er nicht mehr missen.
Mariampillai besitzt inzwischen den Schweizer Pass, ist aber einer von vielen Unternehmern oder Unternehmerinnen in Zürich mit Migrationshintergrund. Über seine Erfahrungen spricht er nächstens an einer Veranstaltung, welche die städtische Integrationsförderung zusammen mit der Paulus-Akademie initiiert hat (siehe Kästchen).
Nach der Realschule hätte Jonathan Mariampillai gerne eine Informatikerlehre absolviert. Sein damaliger Aufenthaltsstatus habe dies jedoch nicht zugelassen, sagt er. Also ging er in die Gastronomie und schloss eine Lehre als Servicefachangestellter ab – auch das ein Bereich, der ihm dank seiner Kontaktfreudigkeit gut gefiel. Nach einem Kreuzbandriss musste er sich aber einer Operation unterziehen. Da war für ihn schliesslich der Moment zum Aussteigen gekommen: 2007 gründete er in Zürich die erste iPhone-Klinik. Inzwischen sind Ableger in Bern, St. Gallen, Dietlikon und Luzern dazugekommen, und er will mit seiner Firma in weitere Städte expandieren. Der junge Unternehmer beschäftigt mittlerweile zehn Vollzeitmitarbeiter.
Landsleute im Team
Das Wissen, das es zum Reparieren von allerlei Defekten an iPhones braucht, hat sich Mariampillai autodidaktisch angeeignet. Auch von seinen Angestellten erwartet er nicht, dass sie das Innenleben der Handys bereits bei Vertragsunterzeichnung von A bis Z kennen. Neue Mitarbeiter erhalten, unter anderem vom Chef persönlich, eine einmonatige Intensivschulung.
Quelle: http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/der_chefarzt_ist_fast_staendig_am_telefon_1.13177484.html
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